Historie | A 643 Neubau Schiersteiner Brücke
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Historie

Planungen und Ausschreibung
Bereits 1955 wurde mit dem Ausbau der B 54 zum Rhein-Main-Schnellweg der sukzessive Ausbau des Straßennetzes begonnen. Zunächst war noch nicht entschieden, welche Brücke über den Rhein zuerst gebaut werden sollte, die Hessen waren für die Schiersteiner, die Rheinland-Pfälzer für die Weisenauer Brücke.Salomonisch entschied der damalige Bundesverkehrminister Dr. Seebohm: "Beide Brücken werden zeitgleich gebaut." Jedem der beiden Länder wurde es daraufhin vom Bundesverkehrsministerium überlassen, jeweils seine „Lieblingsbrücke“ zu bauen, Hessen die „Schiersteiner“ und Rheinland-Pfalz die „Weisenauer“.
Der Verlauf der durch die weiterführenden Straßen festliegenden Trasse bot im Fall der Schiersteiner Brücke keine technischen Schwierigkeiten, doch die Kreuzung des Flusses an der breitesten Stelle war etwas ungewöhnlich. Jedoch konnte man die Brücke in insgesamt 6 Teilbrücken, mit der Überquerung folgender fünf Einzelbereiche, unterteilen: Vorflutgelände Schierstein, Schiersteiner Rheinarm, Insel Rettbergsaue, Mombacher Rheinarm und Vorflutgelände Mombach.
Im Frühjahr 1958 konnte seitens der Straßenbauverwaltung des Landes Hessens mit dem Bauentwurf zur Schiersteiner Brücke begonnen werden, auf dessen Fertigstellung dann die Ausschreibung erfolgte. Gewählt wurde der Überbau nach dem Entwurf der Fa. Hein, Lehmann & Co., der eine Kombination der für jeden Brückenabschnitt wirtschaftlichsten Bauart vorsah.
Die Unterbauten entsprechen dem Behördenentwurf und sehen für die Landpfeiler Flachgründungen und für die Strompfeiler Gründungen mit Druckluftsenkkästen vor. Das Brückenbauwerk wurde mit einer Breite von 26,00 m und einer Fahrbahnbreite von 20 m geplant. Der Querschnitt beinhaltet auf jeder Seite einen Geh- und Radweg, eine verengte Standspur, zwei Fahrstreifen und die Mittelleitplanke. In den Endfeldern ändern sich die Fahrbahnbreiten geringfügig wegen der dort beginnenden Ein- und Ausfädelungsspuren. Treppenabgänge erschließen den Übergang auf beiden Ufern und auf der Rettbergsaue. In der Mitte des linken Rheinarms verläuft die Landesgrenze, die durch einen imposanten Grenzstein auf dem Überbau der Brücke markiert wird.
Die Auftragssumme für die eigentliche Rheinbrücke betrug 35 Mio. DM, für die linksrheinischen Vorlandbrücken, die vom Land Rheinland-Pfalz beauftragt wurden, betrug nochmals 20 Mio. DM.
Bau
Der Bau der Schiersteiner Rheinbrücke konnte am 15. September 1959 mit den Gründungsarbeiten begonnen werden. Mit der Fertigstellung der Fundamente, der Pfeiler und Stützen begann dann bereits am 1. August 1960 die Montage der stählernen Brückenteile. Die Gesamtlänge der Rheinbrücke beträgt ca. 1.280 m, sie überspannt zwei Rheinarme von 300 und 170 m Breite sowie die 300 m breite Insel Rettbergsaue. Auf der Mainzer Seite schließt sich noch eine Hochstraße mit Vorlandbrücken an, der gesamte Brückenzug hat eine Länge von ca. 2.340 m.
Die Gesamtbreite der Brücke beträgt 26 m. Mit Verkehrsfreigabe teilte sich diese Breite auf in:
4 | Fahrspuren | 13,50 m |
2 | Leitstreifen à 0,50m | 1,00 m |
2 | Mehrzweckspuren à 2,75 m | 5,50 m |
2 | Leitschwellen à 0,67 m | 1,34 m |
2 | Gehwege à 2,08 m | 4,16 m |
2 | Gesimse à 0,25 m | 0,50 m |
26,00 m |
Der Überbau der Brücke wurde aus einer vollwandigen geschweißten Stahlkonstruktion hergestellt, deren Stützweiten über die beiden Stromarme 205 m und 170 m betragen, die Flutbrücken haben Spannweiten von 50 – 70 m. Das Bauwerk wurde als Deckbrücke ohne jegliche Überbauten über der Fahrbahn ausgeführt. Die Fahrbahn der beiden Strombrücken besteht aus einer orthotropen Platte, d.h. eine mit Längs- und Querrippen versteiften dicken Stahlplatte, während die Überbauten der Flutbrücken als Spannbetondecken in Verbundbauweise hergestellt sind.
Die Lager, durch die die Überbauten mit den Pfeilern bzw. Stützen verbunden sind, waren damals High-Tech. Während solche Großbrücken bis dato auf schweren und hohen Stahlgusslagern ruhten, wurden hier in diesen Größenabmessungen erstmalig Neotoplager verwendet, bei denen die Kippbewegung durch eingelegte Kunststoffscheiben (Neoprene) ermöglicht wird. Am beweglichen Lager wird die Verschiebung durch einen Satz Rollen oder Stahlnadeln ermöglicht. Bei der 205 m langen Strombrücke erhält jedes der 4 Lager einen Auflagerdruck von 4 to.
Die Gründung der 4 Strompfeiler erfolgte mit Senkkästen, die teilweise an Land hergestellt und dann mithilfe zweier Schwimmkräne eingeschwommen wurden, während die Fundament für die Flutbrücken sowie der Widerlager als Flachgründungen auf einem geschütteten und festgerütteltem Kiesbett ausgeführt wurden.An Stahl wurden für die Schiersteiner Rheinbrücke ca. 8.000 to verbaut, wobei die einzelnen Stahlträger in freiem Vorbau eingesetzt wurden.
Nicht vergessen werden darf, dass zwei schwere Unfälle während der Bauzeit der Schiersteiner Rheinbrücke zu beklagen waren. Die Monteure Angels Ferro und Adam Mikis stürzten aus ungeklärter Ursache von ihren Montagegerüsten und fanden den Tod.
Mit durchschnittlich 150 eingesetzten Bauarbeitern von 23 Firmen konnte der Brückenbau mit einer Bauzeit von ca. 3 Jahren termin- und kostengerecht fertiggestellt werden. Unter Beisein des Bundesministers für Verkehr, Herrn Dr. Seebohm, der beiden Ministerpräsidenten und der beiden Oberbürgermeister konnte die Schiersteiner Rheinbrücke am 13. Dezember 1962 als Bundesstraße 262 dem Verkehr übergeben werden. Der Bundesminister für Verkehr hatte an diesem Tag aber noch einen weiteren Einweihungstermin, denn auch die Weisenauer Brücke wurde am selben Tag für den Verkehr freigegeben